Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung älterer, immobiler und pflegebedürftiger Patienten - aktueller Stand

Für die Vertragszahnärzteschaft ist die Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung älterer, immobiler und pflegebedürftiger Patienten eine wichtige Zielstellung. Ihre Erfahrungen, die Problembereiche und Lösungsvorschläge sind im Folgenden kurz dargestellt.

 

Inhalt



Versorgungsdefizite in der Alters- und Behindertenzahnmedizin

"Die Mundgesundheit der Betroffenen ist insgesamt wesentlich schlechter als im Bevölkerungsdurchschnitt. Die Behandlung erfordert oft einen hohen Kommunikations- und Versorgungsaufwand oder ist nur unter Vollnarkose möglich. Gerade im Pflegebereich treffen wir auf spezifische, altersbedingte Krankheitsbilder. Parodontalerkrankungen, Karies an freiliegenden Zahnwurzeln oder Probleme, die aus allgemeinmedizinischen Erkrankungen sowie einem verringerten Speichelfluss resultieren, sind sehr häufig. Sie machen eine kontinuierliche Betreuung unerlässlich."

(Prof. Andreas Schulte, leitender Oberarzt an der Poliklinik für Zahnerhaltung in Heidelberg und Co-Autor des Versorgungskonzeptes "Mundgesundheit trotz Handicap und hohem Alter")

Grundsätzliche Problematik der zahnärztlichen Versorgung von älteren, pflegebedürftigen und immobilen Patienten:

  • Ältere Menschen besitzen heute immer mehr natürliche Zähne. Mit dieser erfreulichen Zunahme der Zahnerhaltung ist andererseits aber die Zunahme der Wurzelkaries sowie schwerer Erkrankungen des Zahnhalteapparats (Parodontitis) bei Senioren festzustellen. Die Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) aus dem Jahr 2005 zeigt, dass unter den Senioren die Parodontitis am weitesten verbreitet ist.
  • 48 Prozent dieser Altersgruppe sind von einer mittelschweren und 40 Prozent von einer schweren Ausprägung der Erkrankung betroffen.
    Das entspricht einer Zunahme von 23,7 Prozentpunkten im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung im Jahr 1997. In der Gruppe der Senioren ist in den nächsten Jahren versorgungspolitisch von einer weiteren Zunahme der Parodontitislast auszugehen.
  • Diese Entwicklung ist auch im Hinblick darauf bedeutsam, dass Parodontitis deutliche Wechselwirkungen zu allgemeinmedizinischen Erkrankungen wie Herzkreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, Lungenerkrankungen sowie Magen-Darm-Störungen aufweist und sich aus den parodontal verursachten Wundflächen im Mundraum Infektionsrisiken für den Körper ergeben.
  • Bestimmte Verhaltensmuster, medikamentöse Therapien und Krankheitsbilder im Alter können zudem spezielle Mundgesundheitsprobleme auslösen.

Spezielle Problematik der zahnärztlichen Versorgung von demenzerkrankten Menschen:

  • Menschen mit Demenzerkrankungen erfüllen häufig nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Pflegestufen.
    Damit erscheinen sie nicht in der Pflegestatistik, sind aber aus zahnmedizinischer Sicht ähnlich schwer zu betreuen wie Menschen mit körperlichen Einschränkungen.

Spezielle Problematik der zahnärztlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen:

  • Auch bei Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen sind Karies und Parodontalerkrankungen die Hauptursachen für Zahnverlust.
  • Die fehlende Einsicht in eine notwendige zahnärztliche Behandlung und übersteigerte Angstzustände bei Patienten mit geistiger Behinderung, sowie eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten körperlich behinderter Patienten sind die Hauptursachen für eine Behandlungsunwilligkeit (Non-Compliance). Sie führen dazu, dass zahnärztliche Dienste sehr häufig nur beschwerdeorientiert in Anspruch genommen werden.
  • Besonders die Parodontalbehandlung ist bei Menschen mit Behinderungen problematisch. Die Richtlinien der GKV setzen dafür eine ausreichende Mundpflege, eine aktive Mitarbeit sowie Motivation des Patienten voraus. Diese bei Gesunden sinnvolle Anforderung können viele Behinderte nicht erfüllen.
     

Strukturelle Lücke im zahnmedizinischen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung:

  • Der Stand der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland ist allgemein hoch, auch bei älteren Menschen. Aber es gibt ein Versorgungslücke: Wer nicht selbst in die Praxis des Zahnarztes kommen kann oder seine Mundhygiene aufgrund von körperlicher oder psychischer Behinderung, Alter und Pflegebedürftigkeit nicht adäquat selbst ausführen kann, fällt buchstäblich durch das Netz der ambulanten vertragszahnärztlichen Versorgung.
  • Die zahnmedizinische Versorgung in der GKV geht davon aus, dass jeder Erwachsene eigenverantwortlich Mundhygiene betreiben, eine zahnärztliche Praxis aufsuchen und bei der Behandlung kooperieren kann. Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen können das vielfach nicht. Deshalb gibt es bei diesen Patientengruppen erhebliche Versorgungsdefizite.

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Referat „Gesundheitsziele in Sachsen-Anhalt“ bei der KZV Sachsen-Anhalt

Die KZV Sachsen-Anhalt ist insbesondere durch das Referat „Landesgesundheitsziele“ eingebunden in ein Netzwerk verschiedener Institutionen, die sich um mehr Prävention und Aufklärung in verschiedenen Gesundheitsbereichen bemühen. Primär geht es um die Erreichung der fünf Landesgesundheitsziele. Das Zahngesundheitsziel für Sachsen-Anhalt lautet: Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung auf Bundesdurchschnitt.

Das Referat „Gesundheitsziele in Sachsen-Anhalt“ wurde im März 2011 in der KZV Sachsen-Anhalt installiert. Vorstands-Referent ist der Magdeburger Kieferorthopäde und stellvertretende Vorsitzende der Vertreterversammlung, Herr Dr. Hans-Jörg Willer. Er wird vertreten durch den Vorstandsassistenten der KZV, Herrn Robin Wille.

Primäre Ziele:

  • Förderung der Gesundheitsziele Sachsen-Anhalt
  • Präventionsarbeit für die Zielgruppe Kinder und Jugendliche sowie ältere und pflegebedürftige Personen
  • Sensibilisierung der niedergelassenen Zahnärzteschaft in Sachsen-Anhalt für Themen der Prävention und für die Probleme bei der Versorgung von Risikogruppen

Weiteres Engagement der KZV, vertreten durch das Referat:

  • Engagement in dem Arbeitskreis Zahngesundheit (AK) zur Förderung der Landesgesundheitsziele und zur Planung, Umsetzung, Dokumentation und Verbreitung von Modellprojekten
  • Austausch mit dem ÖGD
  • Mitgliedschaft in der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege Sachsen-Anhalt (LAGJ)
  • Mitgliedschaft in der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt (LVG)

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Arbeitskreis Zahngesundheit

In Sachsen-Anhalt gibt es fünf Landesgesundheitsziele, u. a. auch das Ziel: Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung auf Bundesdurchschnitt.

Rückblick: 1998 wurden zu den einzelnen Gesundheitszielen themenspezifische Workshops durchgeführt. Ein wesentliches Ergebnis aller Workshops war die Bildung von Arbeitskreisen. Diese sind die Gremien, die im Hinblick auf die Umsetzung der herausgearbeiteten möglichen Strategien und die Durchführung von daraus abzuleitenden Interventionsmaßnahmen die notwendigen Aktivitäten initiieren und begleiten.

Der Arbeitskreis (AK) zum Landesgesundheitsziel Zahngesundheit wird von Dr. Nicole Primas geleitet. Die KZV wird durch das neue Vorstandsreferat „Landesgesundheitsziele“ im AK vertreten.

Seit Beginn des Arbeitskreises werden Maßnahmen über verschiedene Modellprojekte erprobt und deren Verstetigung angestrebt:

  • Projekt "Zahngesundheit für jedes Kind" / "Zahngesundheitspass"
  • Projekt "Zahngesundheit für Mutter und Kind von Anfang an"/ "Einlegeblatt für den Mutterpass"
  • Projekt "Altern mit Biss"
  • Projekt "Zähne auf Zack"

Mitglieder des Arbeitskreises:

  • ZÄK und KZV, ÖGD, LAG J, Vertreter verschiedener Sozialverbände und des Ministeriums für Arbeit und Soziales in Sachsen-Anhalt

Der Arbeitskreis ist die Plattform und das Netzwerk zur Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Zahngesundheit verschiedener Bevölkerungs-, Alters- und Risikogruppen. Maßnahmen des Arbeitskreises werden von den Körperschaften ZÄK und KZV begleitet, unterstützt und durch deren gemeinsamen Presseausschuss in die Öffentlichkeit getragen.

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Modellprojekt "Altern mit Biss" – Befund: prekärer Zustand der Mundgesundheit von Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen

"Altern mit Biss" stellte ein Modellprojekt im Rahmen der Umsetzung der vom Landesministerium definierten Gesundheitsziele dar. Konkret richtete sich das Projekt auf die Umsetzung des Gesundheitsziels "Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung auf Bundesdurchschnitt".

Die Umsetzung des Modellprojekts erfolgte von 2004 bis 2006, eine Evaluation und Dokumentation der Ergebnisse wurde in 2007 erarbeitet.

Das Motto "Altern mit Biss" bezeichnete zugleich das Projektziel: die Verbesserung der Mundgesundheit von Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen.

Im Rahmen des Modellprojektes entstand die Idee des „Patenschaftszahnarztes“. Wichtigste Erkenntnis des Projekts ist, dass die Verbesserung der Mundgesundheit von Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen nicht allein durch das Engagement der Zahnärzte herbeizuführen ist. Es bedarf im Weiteren auch:

  • mehr Wissen und Kompetenzen des Pflegepersonals zur Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege
  • der Unterstützung durch die Heimleitung,
  • der Aufklärung und Befähigung der Heimbewohner und der Unterstützung durch deren Angehörige

Gegenwärtig bemüht sich der Arbeitskreis um die Verstetigung des Projektes.

Download:
Flyer zum Modellprojekt „Alter mit Biss“

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Agenda Mundgesundheit – Ziel: Alters- und Behindertenzahnmedizin weiter voranbringen

"Die Zahnärzteschaft in Deutschland hat ein klares Ziel: Wir wollen die Mundgesundheit der Bevölkerung weiter verbessern." So lautet die zentrale Botschaft der „Agenda Mundgesundheit“, der neuen Grundsatzpositionierung der Vertragszahnärzteschaft.

In ihr bündeln Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und Kassenzahnärztliche Vereinigungen ihre politischen Forderungen im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 und legen die Versorgungsziele der Vertragszahnärzteschaft für die kommenden Jahre fest.

Als einen wichtigen Themenbereich betrachtet die Agenda die Versorgungsproblematik in der Alters- und Behindertenzahnmedizin und verweist auf den Lösungsansatz des Versorgungskonzeptes „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“. Den Erfolg der Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen aufnehmend, setzt das Konzept auf einen ergänzenden präventionsorientierten Leistungskatalog, der auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung abstellt und der dem größeren zahnärztlichen Behandlungs- und Präventionsbedarf Rechnung trägt. Die Politik wird aufgefordert, dieses Konzept aufzugreifen und die Versorgungsansprüche der Patienten gesetzlich zu verankern.

Download:
Agenda Mundgesundheit
PM zum Neujahrsempfang 2013

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Versorgungskonzept "Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter" (AuB-Konzept)

Gemeinsam mit der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Wissenschaft hat die KZBV mit dem Versorgungskonzept "Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter" Lösungen angeboten. Den Erfolg der Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen aufnehmend, setzt das Konzept auf einen ergänzenden präventionsorientierten Leistungskatalog, der auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung abstellt und der dem größeren zahnärztlichen Behandlungs- und Präventionsbedarf Rechnung trägt.

Danach bedarf es zur Sicherstellung einer sachgerechten Versorgung durch den Zahnarzt folgender Maßnahmen:

  • die Erhebung eines Mundhygienestatus,
  • regelmäßige Maßnahmen zur Instruktion und Motivation bzw. Remotivation zur Mund- bzw. Prothesenhygiene,
  • regelmäßige Maßnahmen zur speziellen Zahn- bzw. Prothesenreinigung
  • sowie der bedarfsgerechten lokalen, bzw. systemischen Fluoridierung der Zähne und
  • zur Versiegelung von Fissuren und Grübchen.

Geringstenfalls müssten in einem ersten Schritt Leistungen eines systematischen zahnärztlichen Präventionsmanagements vorgesehen werden. In diesem Rahmen sind folgende Leistungen vorzunehmen:

  • Erhebung eines Mundhygienestatus,
  • die Aufklärung über die Bedeutung der Mundhygiene und
  • Maßnahmen zu deren Erhaltung sowie die Erstellung eines Planes zur individuellen Mund- bzw. Prothesenhygiene.

Die Politik ist aufgefordert, dieses Konzept aufzugreifen und die notwendigen Präventionsmaßnahmen dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu integrieren. um derart die Versorgungsansprüche der Patienten gesetzlich zu verankern.

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Versorgungsstrukturgesetz - Neue Leistungen und Möglichkeiten für die aufsuchende Versorgung immobiler Patienten

Das Versorgungsstrukturgesetz ist am 1. Januar 2013 in Kraft. Gemäß der Vorschrift des § 87 Abs. 2i SGB V wurde der Gemeinsame Bewertungsausschuss beauftragt im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten,

  • die einer Pflegestufe nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind,
  • Eingliederungshilfe nach § 53 des Zwölften Buches erhalten oder
  • dauerhaft erheblich in ihrer Alltagskompetenz nach § 45a des Elften Buches eingeschränkt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können.

Diesem gesetzlichen Auftrag ist der Bewertungsausschuss nun nachgekommen und hat in den Teil 1 des BEMA-Z nach der Leistungs-Nr, 107 die neue Leistungsnummer 171 eingeführt.

Ein Beispiel: 

  • Für das Aufsuchen von Versicherten, die pflegebedürftig sind, eine Behinderung oder eine eingeschränkte Alltagskompetenz aufweisen, ist ein Zuschlag in der Abrechnung von 35 Punkten vorgesehen (Bema-Z Nr. 171 a). Bei einem Punktwert von 0,8154 Euro je Punkt ergeben sich daraus 28,54 Euro als Entschädigung für den Mehraufwand in der zahnärztlichen Versorgung.
  • Das gilt auch natürlich auch für den Besuch eines Patienten in einer Pflegeeinrichtung. Werden darüber hinaus weitere Patienten mit nachgewiesenen Einschränkungen in derselben Einrichtung behandelt, kann der Zahnarzt je Patient noch einmal 30 Punkte abrechnen (BEMA-Z Nr. 171 b). 

Im Zusammenhang mit der Einführung dieser neuen Positionen konnte darüber hinaus erreicht werden, dass die bislang der GOÄ entliehenen Besuchsleistungen sowie die Zuschläge zu diesen Leistungen in den einheitlichen Bewertungsmaßstab übernommen werden.

Gleichzeitig ist eine Anhebung des Wegegeldes und der Reiseentschädigung auf das höhere GOZ-Niveau erfolgt. Auch dies trägt dem Anliegen Rechnung, die Attraktivität der aufsuchenden Versorgung insgesamt zu erhöhen und die zahnmedizinische Versorgung von Versicherten zu verbessern, welche die Zahnarztpraxis nur unter erschwerten Bedingungen oder überhaupt nicht aufsuchen können.

Die neuen Regelungen treten zum 01.04.2013 in Kraft.

Fazit: Mit dem Versorgungsstrukturgesetz und dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz wurden neue Leistungspositionen für die aufsuchende zahnmedizinische Betreuung beschlossen. Dies sind Schritte in die richtige Richtung. Der größere und spezielle zahnärztliche Behandlungs- und Präventionsbedarf von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung bleibt dennoch bislang unberücksichtigt.
Auch Präventionsleistungen wie etwa eine vierteljährliche professionelle Zahnreinigung sollten von den Kassen vergütet werden, fordert die KZBV. Untersuchungen hätten gezeigt, dass diese Maßnahme die oftmals fehlende oder eingeschränkte Mundhygiene von pflegebedürftigen Menschen kompensieren könnte.

Download:
Beschluss des Bewertungsausschusses vom 17.12.12 zu den Besuchspositionen
Übersicht der neuen Besuchs- und Zuschlagspositionen
§ 8 Abs. 2 und 3 GOZ - Entschädigung - (Wegegeld)

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Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) – Mehr Leistungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zwischen Zahnärzten und Pflegeeinrichtungen

Mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) soll nun eine weitere Leistungsposition für das Aufsuchen von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung vorgesehen werden. Die vorgesehene Leistung ist allerdings nur für Personen in stationären Pflegeeinrichtungen bestimmt und sie darf nur im Rahmen eines Kooperationsvertrages nach § 1 19b SGB V erbracht und abgerechnet werden.

Der Gemeinsame Bewertungsausschuss hat gemäß § 87 Absatz 2j SGB V nunmehr auch Leistungen zu bestimmen, die von Vertragszahnärzten im Rahmen von Kooperationsverträgen nach § 119b SGB V erbracht werden.

Die Vergütung soll einen Anreiz für den Abschluss derartiger Kooperationsverträge zwischen stationären Pflegeeinrichtungen und geeigneten Vertragszahnärzten bieten. Sie ist nur dann berechnungsfähig, wenn die in den Qualitätsvereinbarungen nach § 119b Absatz 2 SGB V festgelegten Anforderungen an eine kooperative und koordinierte zahnärztliche und pflegerische Versorgung erfüllt werden.

Datengrundlage für die angegebenen Mehrausgaben bildet die Pflegestatistik 2009 des Statistischen Bundesamtes. Dabei wurde angenommen, dass rd. 90 Prozent der Pflegebedürftigen in vollstationären Heimen gesetzlich krankenversichert sind und pro Jahr durchschnittlich zwei Besuche eines Vertragszahnarztes im Rahmen eines Kooperationsvertrags nach § 119b SGB V erfolgen.

Hinsichtlich der Vereinbarung von Qualitätsstandards für Kooperationen wurde im § 119b SGB der Abs. 2 neu eingefügt. Infolge der Einfügung sollen die Bundesmantelvertragspartner verpflichtet werden, im Benehmen mit den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sowie den Verbänden der Pflegeberufe auf Bundesebene, insbesondere zur Verbesserung der Qualität der Versorgung bis spätestens 30.09.2013 Anforderungen an eine kooperative und koordinierte ärztliche und pflegerische Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten in stationären Pflegeeinrichtungen zu vereinbaren. Die Einhaltung dieser Anforderungen soll Voraussetzung für die Abrechnung der zusätzlichen Leistung gem. § 87 Abs. 2j SGB V-E sein.
Auch der § 119b Abs. 1 Satz 2 SGB V-E wurde neu geregelt. Danach ist die KZV verpflichtet, einen entsprechenden Kooperationsvertrag „zu vermitteln“, wobei der Kooperationsvertrag zunächst durch Antrag der Pflegeeinrichtung bei der KZV zustande kommen soll.

Die notwendigen Vereinbarungen zu den Qualitätsstandards werden derzeit noch im Bewertungsausschuss verhandelt.

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Fazit

Mit dem Versorgungsstrukturgesetz und dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz erkennt der Gesetzgeber den Handlungsbedarf in der zahnmedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung an. Gezielt setzt er Anreize für das Aufsuchen dieser Patienten, die eine Praxis nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. Dies sind Schritte in die richtige Richtung. Nach wie vor ist der Leistungsanspruch für diesen Personenkreis aber auf den unveränderten GKV-Leistungskatalog beschränkt, jetzt ergänzt um Leistungspositionen für die aufsuchende Versorgung. Damit wird man dem besonderen Behandlungsbedarf von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung nicht gerecht. Sie haben spezielle Bedürfnisse, die im GKV-Leistungskatalog nicht abgebildet sind. Um diese Versorgungslücke zu schließen, ist es dringend erforderlich, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen und bedarfsadäquate, präventive Leistungen in dem GKV-Katalog für diesen Personenkreis aufzunehmen.

KZBV und BZÄK haben bereits im Juni 2010 gemeinsam mit den wissenschaftlichen Gesellschaften ein Konzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter – Konzept zur vertragszahnärztlichen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen“ vorgelegt. Ziel des Konzeptes ist es, den oralen Gesundheitszustand von Pflegebedürftigen sowie von Menschen mit Behinderungen dauerhaft und nachhaltig zu verbessern. Dies erfordert über eine verbesserte Vergütung für die aufsuchende Versorgung dieses Patientenkreises hinaus zwingend einen ergänzenden präventionsorientierten Leistungskatalog, der auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen abstellt und der dem größeren zahnärztlichen Behandlungsbedarf Rechnung trägt. Dabei kann auf den individualprophylaktischen Leistungen aufgebaut werden, die in § 22 SGB V bisher nur für Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vorgesehen sind und in ihrer Effektivität unbestritten sind. Gleichso macht es auch aus versorgungspolitischen Gründen Sinn für diese Patientengruppe die präventiven Potentiale zur Senkung meist akut veranlasster Behandlungen und gleichzeitig zur Verbesserung der Lebensqualität zu heben. Als erster Schritt müssten insbesondere bei pflegebedürftigen Patienten zumindest Maßnahmen des zahnärztlichen Präventionsmanagements, zu denen z.B. die Erhebung eines Mundhygienestatus, die Aufklärung des Patienten, seines Betreuers, des  Pflegepersonals oder seiner Angehörigen über die Mundgesundheit und die Erstellung eines Plans zur individuellen Mund- und/oder Prothesenpflege zählen, vorgesehen werden.

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