Wir gestalten Demografie, wir gestalten unsere Zukunft
4. Demografie-Kongress des Landes am 22. Oktober 2018 in Magdeburg
Wir gestalten Zukunft – der Anspruch den der Veranstalter des Kongresses, das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, schon im Motto erhebt – klingt nicht unbedingt bescheiden. Soll es auch nicht: „Wir wollen gestalten statt nur verwalten“, betonte Minister Thomas Webel in seinem Grußwort. Sachsen-Anhalt verändert sich und hat viel positives Potential, um die Veränderung mutig und optimistisch anzugehen.
Nach der politischen Wende 1989 erlebte Sachsen-Anhalt wie alle neuen Bundesländer einen enormen Einwohnerschwund. Ein plötzlicher Einbruch der Geburtenrate und eine starke Wegzugsbewegung in die westdeutschen Bundesländer vor allem junger Menschen waren die Auslöser. Die 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose geht von einem weiteren Bevölkerungsrückgang um ca. 245.000 Menschen bis zum Jahr 2030 in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu 2014 aus.
Die große Abwanderungswelle seit Beginn der 1990er Jahre ist zum Glück vorüber, konstatierte Ministerpräsident Reiner Haseloff anschließend. Die Zahl der Rückkehrer und Zuwanderer steigt. Seit 2014 ist die Wanderungsbilanz des Landes positiv. Die Landesregierung zielt auf gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen den Städten und den ländlichen Regionen. Ein Schwerpunkt ist die besondere Stärkung zentraler Orte als „Anker“ im ländlichen Raum.
Staatssekretär Dr. Herrmann Onko Aeikens führte den 4-Punkte-Plan seines Hauses, dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, an: erstens, die Beschleunigung des Breitbandausbaus, zweitens, die Entlastung der Ballungszentren durch eine höhere Attraktivität der Dörfer, drittens, die Sicherung einer umfassenden Daseinsvorsorge und viertens, die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements.
Wie das in der Praxis aussehen kann, davon berichtete Marcus Weise. Der Bürgermeister der Stadt Harzgerode hat eine Internetseite als Landingportal für Rückkehrinteressierte ins Leben gerufen. Auf dieser erhält man nicht nur einen ersten Eindruck von der Stadt und der Region wie auch Informationen zu Freizeitangeboten, Kitas und Schulen. Unternehmen können dort auch direkt Stellenangebote oder Bewerber Initialbewerbungen und Wohngesuche einstellen. Sicher sei die vergleichsweise schlechte Lohnsituation ein Hindernis, so Weise.
Eine ganz andere Perspektive auf die Alterung der Gesellschaft bot sich im Vortrag des Zukunftswissenschaftlers Prof. Dr. Horst Opaschowski. Die grauen Giganten kommen, sagt er. Vor allem in Sachsen-Anhalt werde es in den nächsten Jahrzehnten immer mehr Menschen geben, die älter als 100 Jahre werden. Wir dürfen Alter aber nicht nur als Konfliktpotential betrachten. Alte und junge Menschen haben oft die gleiche Werteorientierung. Die ältere Generation kann den Jungen viel bieten und dabei selbst aktiv und gesund bleiben. Denn wer für andere sorgt, lebt selbst länger, und gleichzeitig wächst der Beziehungsreichtum in der Gesellschaft.
Auch wenn sich durch das Ausscheiden der Babyboomer aus der Arbeitswelt bis zum Jahr 2030 die Nachwuchskräfteproblematik noch verschärft, erleben wir schon heute einen „war of talents“, erläuterte die Wissenschaftlerin und Autorin Dr. Steffi Burkhart. Burkhart empfiehlt den Unternehmen und der Politik daher sich als Caring-Companies aufzustellen, also Angebote bereitzustellen für die Kinderbetreuung, die Pflege von Eltern und Hilfe bei der Jobsuche des Partners. Sachsen-Anhalt sollte sich als Standort aktiver bei großen Konzernen bewerben. Ganz wesentlich aber sei die flächendeckende Bereitstellung schnellen Internets. Ein Land ohne eine moderne digitale Infrastruktur wird junge Menschen nicht halten können. Durch Trends wie Home-Office und durch den Wunsch nach Ruhe und bezahlbarem Wohnraum bieten sich auch den ländlichen Regionen viele Chancen.