Was ist wegen des neuen Mindestlohngesetzes ab 2015 zu beachten?
Der Gesetzgeber hat im Sommer 2014 nach umfangreichen Diskussionen in weiten Teilen der Öffentlichkeit ein Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns verabschiedet. Dieses Mindestlohngesetz entfaltet seine Wirkungen zum 01.01.2015. Der einheitliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro soll dabei grundsätzlich für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gelten.
Trotzdem gibt es einzelne Personengruppen, auf die die Vorschriften des Gesetzes keine Anwendung finden. Keinen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts in Höhe des Mindestlohns haben danach neueingestellte Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung, wenn sie als langzeitarbeitslos gelten, also vor Arbeitsantritt länger als ein Jahr keiner beruflichen Tätigkeit nachgingen. Der Gesetzgeber will damit die Wiedereingliederung langzeitarbeitsloser Personen in den Arbeitsmarkt fördern. Auch für Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, die sich etwa während eines Ferienjobs ihr Taschengeld aufbessern, gelten die Vorschriften zum Mindestlohn nicht. Bei den Praktikanten sieht der Gesetzgeber ebenfalls einige Ausnahmen vor. Wenn es sich beispielsweise um ein ausbildungsbedingtes Pflichtpraktikum von Schülern oder Studenten handelt oder wenn das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung bzw. für die Aufnahme eines Studiums dient und eine Dauer von drei Monaten nicht überschritten wird, sind auch diese Praktika vom Mindestlohngesetz ausgenommen. Nicht zuletzt sind auch die Bezüge von Auszubildenden nicht vom Mindestlohngesetz umfasst. Auszubildende erhalten eine Ausbildungsvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz, deren Mindesthöhe von der Kammerversammlung der Zahnärztekammer bestimmt wird.
Der Gesetzgeber erachtet das neue Mindestlohngesetz als eines der zentralen Reformvorhaben der aktuellen Legislaturperiode. Aus diesem Grund wurden die Behörden der Zollverwaltung mit der Prüfung der Einhaltung der sich aus dem Gesetz ergebenden Arbeitgeberpflichten betraut. Den Behörden ist es daher unter anderem gestattet, Einsicht in sämtliche Arbeitsverträge zu nehmen. Werden hierbei Verstöße gegen das Mindestlohngesetz erkannt, drohen einem Arbeitgeber bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit Geldbußen bis zu fünfhunderttausend Euro.
Neben Vollzeitbeschäftigten haben auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Teilzeit sowie geringfügig Beschäftigte mit einem monatlichen Verdienst von bis zu 450 Euro Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass Minijobber zukünftig weniger Stunden arbeiten dürfen, um weiterhin unter die Regelungen einer geringfügigen Beschäftigung zu fallen. In diesem Zusammenhang sollte auch beachtet werden, dass Vereinbarungen mit Beschäftigen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken bzw. ausschließen, unwirksam sind. Ein Arbeitnehmer kann also grundsätzlich nicht zu seinen eigenen Ungunsten auf einen Verdienst in Höhe des Mindestlohns verzichten.
Ein Abweichen vom Mindestlohn ist während einer Übergangszeit bis längstens 31.12.2016 für Beschäftigte in Branchen möglich, in denen bereits eine Lohnuntergrenze durch einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag vereinbart wurde. Ein solcher Tarifvertrag für Zahnarzthelferinnen, der eine Unterschreitung des Mindestlohns übergangsweise zuließe, existiert in Sachsen-Anhalt nicht.
Noch weitgehend ungeklärt ist die Frage, wie weit die Haftung eines beauftragenden Unternehmers bezüglich des Mindestlohns reicht (Zahnarzt beauftragt Reinigungsfirma mit Praxissäuberung). Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist diese besonders streng. Beauftragen Sie beispielsweise einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen, haften Sie für die Verpflichtung dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestlohns wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Teilweise wird vertreten, dass diese Rechtsfolge nur bei positiver Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis gelten sollte. Das Gesetz lässt eine solche Einschränkung allerdings nicht erkennen. Einzelheiten hinsichtlich dieser Problematik wird daher wohl in Zukunft die Rechtsprechung beantworten müssen.
Zur Umsetzung des Mindestlohngesetzes ist der Abschluss neuer Arbeitsverträge nicht zwingend erforderlich. Vielmehr genügt es, bestehende Verträge mit einem beidseitig unterschriebenen Dokument zu ergänzen. In diesem sollte Bezug auf die entsprechende Passage des Arbeitsvertrags genommen und der neue Verdienst festgelegt werden.
Über eine Anpassung der Höhe des Mindestlohns wacht eine Mindestlohnkommission. Diese beschließt erstmals zum 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017 über die Entwicklung des aktuellen Mindestlohns. Wie sich dieser zukünftig entwickelt, bleibt daher abzuwarten.
Torsten Jahnel
Abteilungsleiter Recht
KZV Sachsen-Anhalt